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Project Management meets Procurement

von Heidi — Letzte Änderung 28.07.2013 15:01

Heutzutage muss ja alles Englisch sein und drum hab ich hier mal gleich den Titel richtig up-to-date formuliert! Aber keine Sorge, ich bin immer noch dieselbe und ich schreibe hier lediglich über meine neuesten Erfahrungen im Jahr 2 n.N. (nach NSN) – ein kleiner Ausflug in die Welt des strategic procurement, nicht weltbewegend, vielleicht auch nicht unbedingt karrierefördernd, aber auf jeden Fall sehr lehrreich!

Was macht man, wenn man sich in einer Transfergesellschaft halb zu Tode langweilt, diese ganzen Workshops und pipapo einfach nicht mehr sehen kann, aber kein wirklich guter und dauerhafter Job in Sicht ist? Naja, da kann man dann auch mal eine befristete Anstellung für ein Vierteljahr akzeptieren (an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön an die Verhandlungskommission für das ausgehandelte Rückkehrrecht in die NSN TG) und sich für ein paar Monate auf Entdeckungsreise in die unbekannten Weiten des Einkaufs einer bekannten Firma begeben.

Den Kollegen muss ich ja nicht sagen, dass ich mich einstmals „Project Management Assistant“ oder auch mal „Program Management Assistant“ und zuweilen auch „Project Assistant“ nennen durfte. Eine weitere Variation dieses schier unerschöpflichen Themas war „Project Controlling Assistant“. Diese Wortungetüme habe ich lieber nicht in dem Lebenslauf verewigt, den ich dieser Bewerbung beifügte – man will ja die Leute nicht mit Titeln erschlagen, sondern einfach nur was Vernünftiges arbeiten!

Ja, so trat ich dann vor gut drei Monaten meinen Dienst in der Einkaufsabteilung einer Münchner Traditionsfirma an und war erst mal gespannt, was da wohl auf mich zukommen würde. Aushilfe im Einkauf, weil vorübergehend mehr Arbeit anfiel als üblicherweise und die Stammbelegschaft tatkräftige Unterstützung brauchte – na dann mal los, ran an SAP/R3 und gucken ob ich damit noch umgehen kann. Die Kollegen wussten, dass ich etwas aus der Übung war und zeigten sich verständnisvoll und hilfsbereit.

„Schaun’s her, so geht des, na geh, ja kreizkruzifix, warum geht jetz des Glump ned?“ Der vertraute Klang meiner bayerischen Muttersprache, die altgewohnten Tücken des SAP/R3, dazu eine Mannschaft, die mich herzlich aufnahm und mich nie spüren ließ, dass ich ja „nur“ die Aushilfe von der Zeitarbeitsfirma war – das war genau das, was ich brauchte, um nicht in der NSN-TG-Depression zu versinken!

Allerdings erwies sich meine Annahme, SAP/R3 sei die größte Herausforderung für mich, als irrig. Da gab’s ja noch die Lieferanten auf der einen Seite und die anspruchsvollen Kollegen auf der anderen Seite. Letztere hatten reihenweise Sonderwünsche, die umgehend zu erfüllen waren, Erstere hatten verständlicherweise nicht immer alles auf Lager, was da ruck-zuck beschafft werden sollte. So gesehen, war die Arbeit im Einkauf gar nicht so viel anders als meine frühere Tätigkeit im Projektmanagement. Immer wieder Termine kontrollieren, ausstehende Lieferungen anmahnen, verärgerte Kollegen beruhigen und gelegentlich mal hinter einem verschollenen Kühlschrank oder einem verschwundenen Kabel hinterher telefonieren – langweilig wurde mir nie!

Schon seltsam, kaum wird es richtig heiß, da kommen aus allen Richtungen Anforderungen nach Ventilatoren. Und wie es der Zufall will, werden genau dann die Lieferzeiten für Ventilatoren immer länger… Ja, wer hätte das gedacht, da wär ich nie im Leben von selber draufgekommen!

Eines steht jedenfalls fest: Ganz egal, wohin es mich verschlägt, ganz egal was ich beruflich in Zukunft mache, nie wieder werde ich meckern, weil der Einkauf einfach zu blöd ist, um rechtzeitig die gewünschte Ware liefern zu lassen! Das haben diese dreieinhalb Monate auf jeden Fall bewirkt, und allein dafür hat es sich gelohnt. Verständnis und Toleranz sind die Grundpfeiler des menschlichen Zusammenlebens, und nichts fördert diese beiden Eigenschaften mehr als eigene Erfahrungen. Einmal selbst erlebt ist mehr wert als hundertmal gehört oder gelesen!

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