Sparen durch Auslagerung - Wie Tageszeitungen den Tarifvertrag umgehen
Deutscher Journalistenverband - Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten, Landesverband Niedersachsen e.V informiert
Der DJV macht in seiner aktuellen Ausgabe im Internet auf die Problematik von Auslagerungen bei Tageszeitungen aufmerksam. Hier darf die Braunschweiger Zeitung nicht fehlen und so wird ausführlich über sie berichtet. Es zeigt die derzeitige Arbeitsbelastung im Verlagshaus auf.
„Auch bei der Braunschweiger Zeitung wird intensiv versucht, Kosten zu sparen. „Diesen Druck spüren wir im Betriebsrat", sagte dessen Vorsitzender Volker Stehr in der jüngsten Abteilungsversammlung der Redaktion. „Das Hauptproblem, das wir zur Zeit haben und wohl auch die nächsten Jahre haben werden, ist die Verlagerung von Arbeit." Zwar werden Kollegen nicht gekündigt, aber durch Fluktuation frei werdende Arbeitsplätze würden meist nicht mehr im Hause besetzt werden. „Da wird zum Beispiel in einzelnen Lokalredaktionen der Sport nicht mehr von einem Redakteur des Hauses gemacht, sondern durch Agenturen angeliefert."
In Peine wird der Lokalsport komplett von einer Agentur geliefert, in Salzgitter werden Teile des Sports außerhalb des Hauses produziert, in Wolfenbüttel ist der Sport ebenfalls fremd vergeben. So waren im August 2004 nur noch 81 Vollzeit- und zwei Teilzeitredakteure in den Büros der Braunschweiger Zeitung beschäftigt. Gegenüber Juni sind das vier Vollzeitredakteure weniger, gegenüber Mai 2003 sogar acht Kollegen und Kolleginnen weniger.
Dass die Auslagerung des Lokalsports nur ein Anfang sein könnte, wird von vielen befürchtet. Das bei der Braunschweiger Zeitung neu eingeführte Newsdesk-System fördert die Trennung der Arbeit von Schreibern und Blattmachern. Schon jetzt setzen die Redaktionen verstärkt freie Mitarbeiter ein, oft ehemalige Volontäre, die nach ihrer Ausbildung nicht übernommen wurden. Dass diese mittelfristig ebenfalls im Sinne von Agenturmodellen eigenständig bestimmte Regionen, Gemeinden oder definierte Themenbereiche betreuen und dem jeweiligen Newsdesk zuliefern, ist vorstellbar und technisch innerhalb weniger Tage zu realisieren.
Die Tendenz ist klar: Die Redakteure werden immer weniger, die Arbeit nicht. Im Gegenteil: Seit den Streiktagen der zurückliegenden Tarifrunde liegt dem Betriebsrat ein Antrag von fast der Hälfte aller Redakteure vor, die eine Arbeitszeitregelung wünschen. Einer Erhebung des Betriebsrates zufolge sind die meisten Kollegen weit von der tariflich geregelten Wochenarbeitszeit von 36,5 Stunden entfernt. Spitze waren 50,4 Stunden in einer Woche als Durchschnitt einer Redaktion.
Zahlreiche Kollegen äußerten in der jüngsten Betriebsversammlung denn auch ihren Unmut über die hohe Arbeitsbelastung. Chefredakteur Paul-Josef Raue zeigte sich verwundert: „Bei mir hat sich noch kein Kollege beschwert!" Die Chefredaktion wünsche keine Überstunden, erklärte Raue, komme es dennoch zu Mehrarbeit, sei dies Schuld der Lokalchefs, die trotz des neu eingeführten Newsdesks dann offensichtlich nicht in der Lage seien, die Arbeit in den Redaktionen richtig zu organisieren.“
Deutlicher kann die Situation im Pressehaus nicht von uns selbst dargestellt werden. Professionalität kann nicht ersetzt werden. Nur ein kleiner Hinweis am Rande, inzwischen sind 52 Kündigungen gegen MitarbeiterInnen im Pressehaus an der Hamburger Straße ausgesprochen worden, dies macht die Arbeit der RedakteurInnen bei der Braunschweiger Zeitung nicht einfacher.
Euer
Baby Schimmerlos