Vertrauen im Unternehmen
Die in Personalabteilungen Tätigen, neudeutsch auch Human Resources genannt, arbeiten gern mit dem Begriff Vertrauen:
Zerrüttetes Vertrauen wird als Kündigungsgrund gebraucht, weil ein Mitarbeiter ein paar Buletten aus Hunger gegessen hat. Vertrauen wird bei der Kassiererin Emmely als Entlassungsgrund genannt, weil man sie beschuldigt, Pfandbons im Wert von 1,30 Euro eingelöst zu haben.
Vertrauensarbeitszeit wird eingeführt, um gesetzliche Arbeitszeiten zu unterlaufen. Bei Kontrollen vertraut man eher Arbeitgebern, dass Gesetze eingehalten werden. Mitarbeiter werden mit Bonus-Anreizen zu Höchstleistungen in Höchstarbeitszeiten angespornt. Vertrauen ersetzt die teure Kontrolle mit Stechuhren.
Vertrauen wird in Personalgesprächen gebraucht, um Mitarbeiter zu Auflösungsverträgen zu bewegen, also zu Selbstkündigungen, um Arbeitsrechtsverfahren zu vermeiden. Vertrauen dient hier als Mittel, Mitarbeiter und Betriebsräte über den Tisch zu ziehen.
Verloren gegangenes Vertrauen schaffen ist der Inhalt etlicher Veröffentlichungen in der Personalwirtschaft . Nach Zerstückelung der Arbeitsinhalte in kleine Teile vertraut man auch den Mitarbeitern bei der Erledigung der kleinen Teile.
Vertrauen fehlt jedoch meist, wenn Unternehmen die Mitarbeiter oder ausgewählte Vertreter über die Firmenpolitik, einen Überblick über das Geschäft informieren sollen, auch wenn es die Betriebsverfassung verlangt. Erst wenn die Massenentlassungen auf dem Tisch liegen, erhalten sie Kenntnis über Fehler des Managements. Viele betroffene Betriebsräte oder inzwischen entlassenen Belegschaften wie z. B. Quelle können das bestätigen.
Vertrauen wird daher auch gern von Personalern gebraucht, die von einem Mitarbeiter etwas erreichen wollen. Der Mitarbeiter soll darauf vertrauen, dass es die Firma richtig macht, dass sie ein zuverlässiger Arbeitgeber ist, der stets seine Verpflichtung, Löhne zu zahlen erfüllt. Sogar wenn die Bezahlung mal nicht wie vereinbart kommt, wird erst einmal damit beruhigt, dass die Firma schon alles nachholen wird. Man solle nur darauf vertrauen.
Warum soll ein Mitarbeiter einem Unternehmen vertrauen?
Vertrauen ist nicht der Zweck von Unternehmen. Unternehmen betonen es immer wieder, dass sie Geld verdienen für die Eigentümer, die Aktionäre. Oft genug verdienen heute Unternehmen an den eigenen Mitarbeitern, indem sie weniger Lohn bekommen, Weihnachts- und Urlaubsgeld nicht zahlen und dann doch entsorgen, Beispiel die Siemens Auslagerung an BenQ .
Fazit: Im Grunde hat in einem Arbeitsvertrag das Vertrauen keinen Platz. Es ist ein Geschäft mit der Arbeit eines Menschen, der dazu neigt, sich an eine Abhängigkeit zu gewöhnen, um nicht ständig daran erinnert zu werden, wie sehr er mit seinem Vertrauen ausgenutzt wird. Wer dennoch einem Unternehmensvertreter vertraut, hat vielleicht das Geschick eingebüßt sich selbst optimal zu vertreten. Mit dem Hinweis auf Vertrauen wird zu oft die Verhandlungsposition in Unternehmen einseitig verschoben.
Vertrauen ist eher auch so ein Versuch mit ethischen Mitteln in der Arbeitswelt über etwas längst verloren Gegangenes zu argumentieren.