Einstweilige Verfügung Trend
Beschluss des Kammergericht Berlin
08.12.2011
Geschäftsnummer: 10 w 170/11 27 0 616/11 Landgericht Berlin
In dem Rechtsstreit des Herrn M. N.S., Antragstellers und Beschwerdeführers, - Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwälte A/S/G Rechtsanwälte GmbH,
gegen
den Herrn K.-H. S., Antragsgegner und Beschwerdegegner, - Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwälte Merleker & Mielke,
hat der 10. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Neuhaus, den Richter am Kammergericht Thiel und die Richterin am Kammergericht Schönberg am 8. Dezember 2011 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 20. Oktober 2011 - 27 O 616/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht im Sinne des § 569 ZPO eingelegt worden. In der Sache erweist sie sich als unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den im Wege der einstweiligen Verfügung zu sichernden Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG gegen den Antragsgegner zurückgewiesen.
Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass der Antragsteller die von ihm behauptete Unwahrheit der unter der Überschrift Gegen Ausbeutung in SpätverKäufen auf der von dem Antragsgegner verantworteten Internetseite www.infopartisan.net angegriffenen Äußerungen schon nicht hinreichend dargetan und nicht glaubhaft gemacht hat.
Wie das Landgericht zutreffend ausführt, können Äußerungen, die sich störend auf die freie gewerbliche Entfaltung des Unternehmers auswirken, einen unmittelbaren Eingriff in das Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs darstellen. Danach ist der in der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Äußerungen liegende Eingriff nicht rechtswidrig, weil die Abwägung zu Lasten des Antragstellers ausgeht.
Zu Recht geht das Landgericht davon aus, sich ein Gewerbetreibender in der Regel der Kritik an seiner Leistung und seinem Geschäftsgebahren stellen muss (vgl. BGH NJW 1962, 32, 33; NJW 1966, 2010, 2011). Allein der Umstand, dass eine solche Kritik ungünstig für den Gewerbetreibenden, ist, genügt nicht für die Annahme der Rechtswidrigkeit (vgi.-NJW GRUR 1957, 11-3). Dies gilt insbesondere, wenn — wie hier — ein Beitrag zur Meinungsbildung eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage betrifft. Insoweit sind an die Zulässigkeit öffentlicher Kritik keine überhöhten Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG NJW 1982, 2655).
Danach ist die Veröffentlichung des Beitrags auf der vom Antragsgegner verantworteten Internetseite und die darin erfolgte Namensnennung des Antragstellers sowie die streitgegenstandlichen Äußerungen zur wöchentlichen Arbeitszeit eines geringfügig Beschäftigten und den Umständen von dessen Kündigung zulässig.
Der Antragsteller hat die Unwahrheit der Angaben weder hinreichend dargetan noch glaubhaft gemacht. Der Antragsgegner hat in seiner Schutzschrift vom 9. September 2011 vorgetragen, dass der Artikel auf Erlebnissen des ehemaligen Mitarbeiters des Antragstellers, D. F., beruht. Dieser habe mit dem Antragsteller zwar einen Arbeitsvertrag mit einer monatlichen Arbeitszeit von 25 Stunden und einer Vergütung von 120,00 € abgeschlossen, tatsächlich jedoch nahezu die gesamte Dauer des Angestelltenverhättnisses an sechs Tagen in der Woche bis zu 10 Stunden täglich im Spätverkauf des Antragstellers gearbeitet. D. F. habe nahezu täglich kurz vor 10.00 Uhr in der Frankfurter Allee 51 den Schlüssel für die Verkaufsstätte Samariterstraße abgeholt, den Laden geöffnet und betrieben, wozu auch der Betrieb des Intemetcafes und des Hermes- Versand-Shops gezählt habe. Er sei für die tägliche Bestellung von Tabakwaren und die ein- oder zweimal wöchentliche Getränkebestellung nebst Warenannahme verantwortlich gewesen. Herr F. sei gegen 20.00 Uhr vom Antragsteller oder einer anderen Mitarbeiterin abgelöst worden. Der Antragsgegner hat dies unter Vortage einer eidesstattlichen Versicherung des D. F. glaubhaft gemacht.
Der hierzu mit der Beschwerdebegründung erfolgte Vortrag des Antragstellers ist nicht geeignet, die Unwahrheit des Vortrags des Antragsgegners darzutun. Soweit der Antragsteller unter Bezugnahme auf vier eidesstattliche Versicherungen von Kunden meint, D. F. sei nicht ständig tagsüber im Ladengeschäft gewesen, sondern wohl nur ab und zu reicht der Vortrag nicht aus. Die eidesstattlichen Versicherungen der Kunden sind nicht geeignet, um die Unwahrheit der Behauptung des Antragsgegners darzutun. Denn diesen ist weder zu entnehmen, wann die jeweils bekundeten Beobachtungen erfolgt sein sollen noch inwieweit diese Auskunft über den werktäglichen Zeitraum von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr geben. Die Herren S. und K. erklären, sie gingen „öfters“ in den Laden des Antragstellers und haben Herrn F. ,*nie angetroffen* (S.) bzw. ihn nie arbeiten sehen (K.). Herr W. und Herr T., die des öfteren im Laden des Antragstellers kaufen, haben Herrn F. eher selten angetroffen. Die Angaben sind In dieser Allgemeinheit nicht geeignet, die Unwahrheit der Angaben des Antragstellers darzutun.
Insoweit ist auch die darauf beruhende Bewertung, dass es sich angesichts der Differenz zwischen dem Vereinbarten und der tatsächlichen geleisteten Arbeitszeit und deren Entlohnung um Lohndumping handelt, nicht zu beanstanden.
Auch soweit sich der Antragsteller gegen die Äußerung wendet er habe Herrn F. eine schriftliche Kündigung überreicht, die die Formulierung auf eigenen Wunsch enthielt, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall gewesen sei, hat er die Unwahrheit nicht dargetan.
Der Antragsgegner hat unter Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Herrn F. dargelegt, dass dieser nicht den Wunsch hatte zu kündigen. Dem ist der Antragsgegner nicht substantiiert entgegengetreten. Für die Auffassung, die eidesstattliche Versicherung sei falsch, sind Anhaltspunkte nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dass Herr F. kein Verfahren vor dem Arbeitsgericht angestrengt hat, kann verschiedene Gründe haben, belegt aber nicht zwangsläufig, dass er gegenüber dem Antragsteller den Wunsch geäußert hat, gekündigt zu werden.
Die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO
Unterschriften