Röver - Orgel in Quedlinburg
Quedlinburg 15.5.2013 125 Jahre Röver - Orgel in der Marktkirche St. Benedikti zu Quedlinburg
Es ist schon ein ausserordentliches Jubiläum, was wir in diesem Jahr mit einer Festwoche begehen wollen. Gewiss gibt es ältere Instrumente, aber auch welche, die nicht so alt geworden sind. 125 Jahre sind das Ergebnis einer soliden Bauweise und einer kontinuierlichen Pflege.
Das Spielsystem der Marktorgel basiert auf einer pneumatischen Kastenlade, wodurch die ganze Breite der romantischen Orgelliteratur problemlos dargestellt werden kann, denn die Kraftübertragung durch Windschläuche (Pneuma = Wind)) erleichtert dem Organisten das vollgriffige Spiel entscheidend. Dadurch ist es auch möglich, mittels eines Knopfdruckes von einem Fortissimo urplötzlich in ein Pianissimo überzugehen, was in den Orgelwerken der Romantik oft vorkommt, denn deren Vorbild ist das große romantische Orchester, wie z.B. bei Richard Wagner.
Die Orgel in der Marktkirche St. Benedikti wurde als op. 10 von der Orgelbaufirma Ernst Röver aus Hausneindorf bei Quedlinburg im Jahr 1888 erbaut. Sie ist ganz offensichtlich die größte aller Orgelbauten (3310 Pfeifen) seit der ersten Erwähnung eines Orgelbaus in der Marktkirche um 1510. Später kam es zu mehreren Um- und Neubauten. Zum großen Reformationsjubiläum 1717 existierten scheinbar zwei Orgeln in der Marktkirche. Sie wurden aufeinander eingestimmt, sodass ein gemeinsames Musizieren möglich war! Die größere von beiden hatte nachweislich 2928 Pfeifen und war von der Größe her vergleichbar mit der Silbermann Orgel der Frauenkirche in Dresden, der Domorgel im Freiberger Dom und sogar um zwei Register größer als die damalige Orgel im Magdeburger Dom!
Diese große Orgel musste 1834 durch einen Neubau ersetzt werden, bis dann schließlich die jetzige Orgel in Auftrag gegeben wurde, wobei es nicht ganz klar ist, ob es bauliche Gründe (z.B. Holzwurm) oder Fragen des Zeitgeschmackes waren, die zu diesem Neubau führten. Klar ist, dass es im Sinne der Neubesinnung durch die „Orgelbewegung“ in den 1950iger Jahren war, fünf Register im 2. Manual der jetzigen Orgel zu „barockisieren“. ( silbriger, heller Klang) Dabei wurden
- der Bordun 16‘ zur Wadflöte 2‘
- das Salicional 8`zur Quinte 2 2/3
- die Qunite 2 2/3 zur Terz 1 3/5
- die Oktave 2`zur Sifflöte 1`
- die Klarinette 8`zum Nasard 1 1/3 „ umgebaut“.
Durch diese Veränderungen war es möglich, die nun wieder ins Bewusstsein rückenden Komponisten, wie Dietrich Buxtehude oder Johann Sebastian Bach, im Klangbild der Barockzeit darzustellen. Die Romantik trat da in den Hintergrund.
Dieses Bewusstsein hat sich seit einiger Zeit wieder verändert. Es gibt Orgelneubauten, die mit Ihrer Disposition (Registerauswahl)und ihrem Spielsystem versuchen, das breite Spektrum der zur Verfügung stehenden Orgelliteratur erlebbar zu machen. Vielleicht ist es aber doch noch besser, bestehende Instrumente zu erhalten und sie in ihren Originalzustand zurückzuführen. Das würde für die Orgel in der Marktkirche bedeuten, dass die fünf Register wieder in ihren Originalzustand zurückgebaut werden. Darüber hinaus gibt es natürlich noch weitere bauliche Maßnahmen z.B. an der großen Windanlage oder am Spieltisch, die zum Erhalt der größten noch erhaltenen und spielbaren Röver-Orgel dienen. Mit Hilfe von Spenden, Fördergeldern und Eigenmitteln wollen wir diese Vorhaben in Angriff nehmen. Einiges an Geld ist schon zusammengekommen. Vielleicht ist diese Festwoche ein entscheidender Durchbruch.
An dieser Stelle danken wir Herrn Dr. Eberhard Brecht, Bürgermeister der Stadt Quedlinburg, für die Übernahme der Schirmherrschaft.
Im Namen des Festkomitees
KMD Gottfried Biller.