Staatliche Gewalt soll Areva den AKW-Bau in Jaitapur ermöglichen
Vom 23.4. bis 25.4.2011 wollten AKW-GegnerInnen in Indien mit einer überregionalen Demonstrationsreise ("Yatra") von Tamapur nach Jaitapur den Kampf der lokalen Bevölkerung gegen den Bau des AKW Jaitapur unterstützen. Die Demonstration wurde wegen der angespannten Lage in Jaitapur verboten. Mit zahlreichen Verhaftungen wurde das Verbot durchgesetzt.
Angespannte Ruhe in Jaitapur
Eine Woche zuvor, am 18.April, hatte die Polizei in eine regionale Demonstration gegen das AKW in Jaitapur geschossen. Acht Menschen wurden durch die Schüsse verletzt, der Fischer Tabrez Sayekar tödlich. In den wenigen deutschen Medienberichten wurde die Polizeiversion der Ereignisse übernommen: Eine aufgebrachte Menge habe versucht einen Polizeiposten zu stürmen, die Polizei habe in Notwehr schießen müssen. Augenzeugenberichten zufolge hat die Polizei ohne Vorwarnung auf die DemonstrantInnen gefeuert (Video von newsX). Die Bevölkerung in den Ortschaften um die AKW-Baustelle reagierte auf die Erschießung ihres Mitbürgers mit einem zweitägigen Generalstreik und weiteren Demonstrationen – auch mit dem Ziel, eine unabhängige Obduktion des Polizeiopfers durchzusetzen. Laut Presseberichten sind die Bauarbeiter vom AKW-Gelände geflohen. Der Ausnahmezustand wurde verhängt. Seither herrscht in Jaitapur "angespannte Ruhe".
Weltgrößtes AKW in Erdbebengebiet
In Jaitapur soll die größte Atomanlage der Welt gebaut werden. Dagegen hat sich ein starker lokaler Widerstand entwickelt. Für die Atomanlage müssen einige tausend Bauernfamilien weichen. Die meisten lehnen auch heute noch die angeboten Entschädigungszahlungen ab. Die nicht unmittelbar betroffenen Bauern und die Fischer fürchten ebenfalls um ihre Existenz. In Fukushima wird täglich vorgeführt, was ihnen droht. Auch Jaitapur ist ein Erdbebengebiet. Zwischen 1985 und 2005 gab es dort 92 Erdbeben. Die Atomanlage soll von der Nuclear Power Corporation of India (NPC) zusammen mit dem französischen Atomkonzern Areva gebaut werden.
Atomarer Kreislauf im Blick
In den letzten Jahren hat sich die Anti-AKW-Bewegung in Deutschland stark auf Gorleben und die AKWs orientiert. Inzwischen gerät der gesamte Kreislauf der Atomindustrie in das Blickfeld der AKW-GegnerInnen. Gegen die Urananreicherungsanlage in Gronau demonstrierten am Ostermontag schon über zehntausend Menschen (TAZ-Bericht). Areva kann da nicht außen vor bleiben. Der Konzern verdient an der Urangewinnung genauso wie an der Brennelementproduktion und dem Bau und Betrieb von Atomkraftwerken. In Lingen werden Brennelemente hergestellt (Reportage-Video). In Erlangen hat die Areva NP GmbH ihren Hauptsitz. Mit ihren Atomprofiten sponsert diese den 1.FC Nürnberg. Auf der Homepage des Atomklubs darf denn auch der Areva NP Geschäftsführer Ulrich Gräber Krokodilstränen über Fukushima abdrücken. Den Offenbacher Kickers spendierte die dortige Niederlassung lediglich eine Pokalkopie fürs Museum. Leer ausgehen werden vermutlich auch die örtlichen Vereine im nahegelegenen Karlstein am Main nicht. Dort produziert Areva nach eigenen Angaben "Abstandhalter, Kopf- und Fußstücke für Brennelemente sowie Wasserkanäle für Siedewasserreaktor-Brennelemente". Die in Karlstein hergestellten Komponenten werden an die Brennelementewerke der AREVA NP geliefert.
Internationale Solidarität
Auf der Demonstration in Biblis schlugen AKW-GegnerInnen vor, die Produktion in Karlstein zu blockieren, um sich so mit dem Widerstand in Jaitapur zu solidarisieren. AKW-GegnerInnen in Frankfurt wollen Ende Mai mit einem Fahrradkorso auf den atom-industriellen Komplex im Rhein-Main-Gebiet aufmerksam machen. Internationale Solidarität ist ganz konkret möglich – die globale Atomindustrie ist vor Ort.
Ergänzung am 15.5.2011:
+++ Neue Berichte +++ BNP Pariba und HSBC finanzieren +++ Greenpeace protestiert +++
Unter dem Titel "Absperren, draufhauen, AKWs bauen" berichtete die WOZ am 12.5.2011
Einen kurzen Video-Bericht (engl.) aus Sakhri Nate, einem Fischerdorf in der Nähe des geplanten AKWs, veröffentlichte die Financial Times am 13.5.2011.
Über "Gefährliche Atominvestitionen in Indien" wird am 14.5.2011 auf der Sonnenseite von Franz Alt berichtet. Hier werden auch die Banken BNP Paribas und HSBC als Atom-Profiteure benannt. Sie sind an der Finanzierung der Anlage in Jaitapur beteiligt.
Greenpeace International organisiert eine Mail-Aktion an die BNP Paribas und HSBC: "Help stop the next Fukushima disaster - Tell banks not to finance the Jaitapur nuclear power plant in India". Dazu auch die Infobroschüre: "Jaitapur nuclear project in India: The next Fukushima?" (pdf).
Greenpeace Indien fordert dazu auf, dem indischen Premierminister Manmohan Singh ein Fax zu schicken "Mr. Prime Minister, respect public opinion and stop the Jaitapur nuclear reactor project."