Handy nicht gehört – 1.500 Euro Strafe
Gandolf Stocker ist Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21. In dieser Funktion hatte er eine Demonstration für den 27.August 2010 angemeldet. Mehrere Zehntausend DemonstrantInnen zogen an diesem Tag zum Stuttgarter Landtag und umzingelten diesen. Die Polizei konnte die Bannmeile nicht schützen und suchte telefonisch die Unterstützung des Versammlungsleiters. Vergeblich. Gandolf Stocker hörte das Handy-Klingeln nicht. Wegen des Lärms um ihn herum hätte er aber auch kein Telefonat führen können, erklärte er. Der angebliche Verstoß gegen das Versammlungsrecht wurde mit einem Strafbefehl über 1.500 Euro geahndet. Dieser Strafbefehl wurde heute vom Amtsgericht Stuttgart bestätigt. Stocker kündigte Revision vor dem Landgericht Stuttgart an.
Gegen Stocker laufen im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen S21 fünf weitere Ermittlungsverfahren. So habe er angeblich entgegen den behördlichen Auflagen den Verkauf von Aufklebern an einem Infotisch nicht unterbunden und auch nicht verhindert, dass die Jugendoffensive gegen S21 einen Demonstrationszug mit einem Fahrzeug begleitete. Stocker und sein Anwalt, Roland Kugler, sehen in dieser Anzeigenflut einen Angriff auf die Versammlungsfreiheit.
Wie die Stuttgarter Zeitung berichtete, will Kugler, nicht ausschließen, dass künftig die montäglichen Demonstrationen mit mehreren Tausend Teilnehmern unangemeldet stattfinden, falls Stocker als Versammlungsleiter ausfiele.
Inzwischen sind über 1000 Verfahren gegen S21-GegnerInnen anhängig. Bei vielen Anzeigen geht es um den Verdacht der Nötigung durch Sitzblockaden. Aber auch Beamtenbeleidigung oder Körperverletzung mit Trillerpfeifen und Taschenlampen sind für eine Anzeige gut. So meldete die Polizeipressestelle am 11.Januar: „Ein 54 Jahre alter Mann hatte einem Einsatzbeamten mit einer starken Taschenlampe in die Augen geleuchtet und wurde daraufhin auch wegen Körperverletzung vorläufig festgenommen." (Polizeimeldung als pdf)
Der Widerstand gegen Stuttgart 21 geht auch in diesem Jahr weiter. Zu den Montagsdemonstrationen kommen wieder Tausende. Fast täglich werden die Baumaßnahmen behindert. Die nächste Großdemonstration ist für den 29.Januar 2011 angekündigt.
Siehe auch Pressemeldung des Bündnisses für Versammlungsfreiheit (pdf) und zum Stand der Dinge von Volker Lösch auf der Montagsdemo am 11.1.2011 (Video, Text als pdf)