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Der Widerstand gegen Stuttgart 21 schwächelt - erster Erfolg der Schlichtung?

erstellt von Max Moritz zuletzt verändert: 17.10.2010 14:45
Stuttgart, 17.10.2010. Gestern kamen nur noch 25.000 Menschen zur Kundgebung gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21. Ungewohnt wenige für Stuttgarter Verhältnisse. Die Veranstalter erwarteten ähnlich viele Menschen wie auf den beiden letzten Großdemonstrationen mit über 100.000 TeilnehmerInnen. Letzten Freitag haben S21-Betreiber und -Gegner Schlichtungsverhandlungen aufgenommen. Heiner Geissler spricht von Friedenspflicht.
Der Widerstand gegen Stuttgart 21 schwächelt - erster Erfolg der Schlichtung?

Besetzung des Südflügel

Zu dem Open-Air-Konzert mit Konstantin Wecker (Video) kamen gestern etwa 25.000 Menschen. Vor dem Auftritt Weckers begründete Gangolf Stocker für das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 seine Teilnahme an den Gesprächen. Da diese öffentlich übertragen werden sollen, sieht er die Chance, die Argumente gegen das Bahnprojekt in ganz Baden-Württemberg bekannt zu machen. Für die ParkschützerInnen sprach Jürgen Hugger. Da auf der vermutlich illegal gerodeten Parkfläche weiter gebaut wird, beteiligen sich die ParkschützerInnen nicht an den Gesprächen. (Erklärung der Parkschützer) „Baustopp sofort - dann Gespräche" hatten eine Woche zuvor 100.000 S21-GegnerInnen gefordert. Die ParkschützerInnen fühlen sich an keine Friedenspflicht gebunden. Aber auch Gandolf Stocker betonte gestern: „Der gewaltlose Widerstand muss weitergehen". Meinte er da schon die Besetzung des Südflügels des Hauptbahnhofes?

Bahnhofsbesetzung

Während der Kundgebung auf dem Schlossplatz war von einer anschließenden „Überraschung am Südflügel" gemunkelt worden. So versammelten sich nach Abschluss der Kundgebung nach und nach bis zu 2000 DemonstrantInnen vor dem Südflügel. Zu ihrer Überraschung stand plötzlich eine Tür an der ehemaligen Expressguthalle im Südflügel offen. Bevor die Polizei massiv einschritt, nutzten über 60 vorwiegend jugendliche BürgerInnen die Chance zu einer Besichtigung des vom Abriss bedrohten Bahnhofsteils. Ihnen wurden Anzeigen wegen Sachbeschädigung angedroht.

Bei dem Polizeieinsatz wurden einige DemonstrantInnen durch Schläge und Pfefferspray verletzt. Die Übergriffe durch die anonymen und vermummten Uniformträger hielten sich in Grenzen. Die Polizeiführung wollte offensichtlich keine weiteren Bilder von Gewaltexzessen gegen friedliche BürgerInnen. BesetzerInnen berichteten dann sogar von höflichem bis freundlichen Verhalten der Polizisten in den besetzten Räumen.

Mit der vorübergehenden Besetzung des Südflügels unterstrichen die AktivistInnen die Forderung nach einem Baustopp. Sie zeigten auch, dass sie weiterhin ungehorsam sind und den gewaltfreien Widerstand fortsetzen.

Doppelstrategie

Der Widerstand gehe nun zweigleisig weiter, meinen die OptimistInnen unter den S21-GegnerInnen. Gespräche und gewaltfreie Aktionen würden sich in einer Doppelstrategie ergänzen. Die weniger Optimistischen sehen deutliche Spaltungstendenzen. Diese würden z.B. auch von Gandolf Stocker gefördert, wenn er neuerdings von „sogenannten" aktiven Parkschützern spricht. Am Verhandlungstisch sitzen für die S21-GegnerInnen fast ausschließlich Politiker. Sie setzen sich mit Ministerpräsident Mappus an einen Tisch, während die Bauarbeiten fortgesetzt werden und während die S21-GegnerInnen auf der Straße lauthals „Mappus weg!" rufen. Sie fordern nach den Polizeiausschreitungen am 30.9.10 und der Baumfällaktion in der Nacht darauf den Rücktritt des Herrn Mappus.

Herr Kretschmann von den Grünen meint, Gespräche mit den Befürwortern seien nur sinnvoll, wenn diese ergebnisoffen seien. Nun haben aber Grube, Mappus und Schuster (OB von Stuttgart) mehrfach und überdeutlich erklärt, dass S21 umgesetzt wird. Sie lassen nicht einmal eine Bauverzögerung zu. Wozu dann Gespräche? Ergebnisoffen sind die Gespräche wohl nur für Kretschmann. Dem Möchtegern-Landesvater geht es um den Frieden im Land, es soll wieder Ruhe einkehren. Kretschmann möchte der beste Konservative im Land sein. Er steht damit dem Herrn Mappus näher als der jugendlichen Bahnhofsbesetzerin. Wenn er nur schon könnte, würde er wohl gegen diese die „Friedenspflicht" durchsetzen. So wie einst seine Parteifreunde in der Bundesregierung gegen die Atomkraft-GegnerInnen in Gorleben. Mit ihm ist keine Doppelstrategie zu machen.

Stellvertreter

Warum blieben nun gestern sehr viele S21-GegnerInnen zu Hause? War es der Regen? Kaum, bisher jedenfalls hielt ein wenig Regen niemanden zurück. Verbreitet sich Demonstrationsmüdigkeit? Möglich. Oder fallen wieder viele in die gewohnte Passivität zurück und hoffen, ihre StellvertreterInnen am Verhandlungstisch werden es mit dem Heiner Geissler zusammen schon richten? Gut möglich. Wir wissen es nicht.

Spaltung

Eine Prognose sei dennoch gewagt: Die Widerstandsbewegung wird sich differenzieren. Die Doppelstrategie wird nicht lange durchzuhalten sein. Eine Spaltung wird eintreten. Offen ist nur, wo sie verläuft. Gelingt es Geissler, Mappus und Kretschmann den aktivistischen Teil zu isolieren oder wird sich der rein parlamentarische und ultrakonservative Kreis um Kretschmann aus der Widerstandsbewegung verabschieden? Prognosen können falsch sein, die StuttgarterInnen sorgten schon bisher für manche Überraschung.

(1) Kommentare

Anonymer Benutzer 18.10.2010 16:52
So wie wir das von den Grünen kennen, kritsiert jetzt deren Baden-Württemberger Chef Kretschmann die aktiven Stuttgart-21-GegnerInnen. Ihre vorübergehende Besetzung des Südflügels des Stuttgarter Bahnhofs schade seinen Gesprächen mit Mappus und Co. Er sieht die Friedenspflicht verletzt.
 
Siehe: http://www.suedkurier.de/ne[…]-kritisch;art330342,4533478

Herr Kretschmann bereitet sich auf seine Rolle als Ministerpräsident vor.

OBEN BLEIBEN !