Siemens engagiert sich in südindischem AKW
Nicht nur russische Komponenten seien in den beiden Rosatom-Reaktoren in Kudankulam verbaut worden, sondern auch Komponenten westlicher Hersteller wie Siemens Deutschland. Das erklärte der Chef des AKW R.S.Sudar nach Informationen der indischen Zeitung "The Hindu". In seiner Erklärung wehrt sich Sundar in erster Linie gegen Vorwürfe, im AKW würden minderwertige Komponenten aus Russland verwendet. Über Siemens informiert er nur nebenbei.
Seit bekannt wurde, dass Sergej Shutov, bei Zio Podolsk für Beschaffungen zuständig, wegen Korruptionsverdacht verhaftet wurde, gelten russische Komponenten nicht nur in Kudankulam als Sicherheitsrisiko. Shutov soll minderwertiges Material als hochwertig umdeklariert und die Preisdifferenz eingesackt haben. Material von Zio Podolsk ist in zahlreichen Rosatom-AKWs verbaut, auch in Kudankulam. Selbst der ehemalige Leiter der indischen Atomaufsichtsbehörde fordert inzwischen eine eingehende Inspektion der Bauteile vor Inbetriebnahme des AKWs. (Nachzulesen in der The Times of India)
Welche Komponenten Siemens beisteuerte, verschwieg der indische AKW-Chef. Im Internet lassen sich Hinweise finden, dass Siemens das Zugangskontrollsystem, die Videoüberwachung, Teile der Telefonanlage und weitere für die Reaktorsicherheit eher nebensächliche Komponenten geliefert hat. Es ist aber davon auszugehen, dass auch die Software für die Reaktoren- und Turbinensteuerungen aus dem Hause Siemens stammt. Moderne Rosatom-VVER-Reaktoren verwenden Leit- und Sicherungssystem von Areva/Siemens.
Die digitale Leittechnik von Siemens führte schon im Jahr 2000 in Neckarwestheim zu einer Blockade der für eine Reaktorschnellabschaltung erforderlichen Steuerstäbe. Und da gab es noch keinen Stuxnet-Virus - der fühlt sich ja in der Siemens-Software zu Hause.
Auf heise.de wurde Kudankulam schon vor mehreren Jahren mit Stuxnet in Verbindung gebracht. Dort wurden die gleichen Turbinen der Firma Power Machines (Typ К-1000-60/3000) verbaut wie im iranischen Buschehr, dem angeblichen Angriffsziel des Virus. Siemens ist mit 26% an Power Machines beteiligt. Zur Turbinensteuerung werde Software von Siemens verwendet, mutmaßt der Stuxnet-Experte Langner.
Siemens hat abgesehen von der grünen Imagepflege einen guten Grund, seine Beteiligung am AKW Kudankulam nicht an die große Glocke zu hängen: Das indische Atomhaftungsgesetz von 2010 erlaubt im Katastrophenfall auch Zulieferer in Regress zu nehmen. Rosatom hat für die ersten beiden Blöcke in Kudankulam eine Ausnahmeregelung durchgesetzt. Gilt diese auch für Siemens?
Nach Vorgaben der indischen Regierung soll der erste Block des AKW Kudankulam noch diesen Monat (April 2013) ans Netz gehen. Die Inbetriebnahme wurde schon viele Male verschoben, weil Tests wegen defekter Komponenten wiederholt werden mussten, aber auch weil die AnwohnerInnen einen zeitweiligen Baustopp durchsetzen konnten.