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Viel Feind, viel Ehr - warum die GDL einen politischen Streik ausrufen wird

erstellt von Jim Knopf zuletzt verändert: 31.01.2011 21:52
Was passiert wenn ausgerechnet eine Rechtsstaatstreue und in ihrer Führungsspitze CDU-nahe Gewerkschaft einen politischen Streik gegen eine Einheitsfront aus schwarz-gelber Regierung, Arbeitgeberlager und sozialdemokratischer Staatsgewerkschaft führen muss? Die Antwort auf dieses Politkrätsel werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. Aber schon jetzt steht eins. Die Lage im aktuellen Tarifkonflikt bei den Eisenbahnen ist verzwickt und undurchsichtig. Nachfolgend der Versuch etwas Licht ins Dunkel der Lage zu bringen.

Für die Lokführergewerkschaft GDL geht es diesmal um die nackte Existenz. Berühmt wurde dieser sich selbst stolz als "älteste deutsche Gewerkschaft" bezeichnende Berufgsverband durch den Eisenbahnerstreik 2007. Von der breiten Sympathie der arbeitenden Bevölkerung getragen, hatten die Lokführer denen da oben endlich mal gezeigt, wo der Hammer hängt und eine saftige Lohnerhöhung erstreikt.

So weit, so gut. Doch schon damals spielte im Hintergrund ein ganz andere Frage eine Rolle. Rechtsverdreher, pardon Juristen, sprechen in diesem Zusammenhang von dem Problem der "Tarifpluralität". Die interessierte Öffentlichkeit wurde erst letzten Herbst darauf aufmerksam, als Arbeitgeberverband und DGB gemeinsam eine Gesetzesinitiative zur Einschränkung des Streiksrechts bei der Bundesregierung auf den Weg brachten. 

 

Im Kern geht es also um die Frage, wer in Deutschland nach Recht und Gesetz streiken darf? Da in Deutschland Revolutionen bekanntlich zunächst bei Ordnungsamt anzumelden sind und nicht etwa wie bei den heißblütigen Arabern per facebook einfach gemacht werden, ist diese Frage für uns Deutsche sehr bedeutsam, auch wenn dies in anderen Kulturkreisen nicht nachvollzogen werden kann.

Also in Deutschland darf nur eine Gewerkschaft streiken. Womit wir, genauer gesagt die Rechtsverdreher bei der nächsten Frage wären. Was ist eine Gewerkschaft? Und was passiert, wenn es - Gott bewahre, das wären ja fast schon ägyptische Zustände - mehrere Gewerkschaften gibt und die wohlmöglich auch noch alle streiken wollen?

Das darf nicht sein, und damit dieses Schreckensszenario nie Wirklichkeit werden kann, hat sich eine unheilige Allianz zur Rettung des Abendlandes zusammengefunden. Die DB und ihre direkten Konkurrenten der G6 (Zusammenschluss der sechs größten privaten Eisenbahnen), der Präsident des Arbeitgeberverbandes Hundt und sein Gegenüber, der DGB-Chef Sommer, die schwarz-gelbe Regierung und die rot-grüne Opposition, alle sind sich einig, dass man die GDL stoppen muss, bevor noch andere auf dumme Streikgedanken kommen und sich - damit sie das auch streng nach Vorschrift dürfen - zu neuen Gewerkschaften zusammentun.

Ausgerechnet Claus Weselsky und seinen Getreuen fällt die Rolle von Robin Hood als Rächer der geknechteten proletarischen Massen zu. Gächtet vom Establishment, gemobbt und in die Enge getrieben, muss die GDL jetzt einen politischen Streik zur Verteidigung des Streikrechts führen. Das ist schon eine Ironie der Geschichte. Ob auf GDL-Tagungen zukünftig statt der Nationalhymne die Internationale angestimmt werden wird? So weit wird es wohl nicht kommen, aber spannend werden die nächsten Tage bestimmt werden.

 

(4) Kommentare

Anonymer Benutzer 01.02.2011 07:54
Soweit zum Hintergrund, aber um was geht es denn jetzt im aktuellen Tarifkonflikt?
Jim Knopf 01.02.2011 21:04
Cash in the Tash is the name of the game - meint Herr Grube. Der GDL, den Lokführern und damit indirekt allen Eisenbahnern geht es um das zukünftige Lohnniveau bei den Eisenbahnen. Kann das derzeitige Lohnniveau im Kernbereich der DB verteidigt werden oder laufen die Privatisierung und das Outsourcing bei der DB AG und den Privatbahnen darauf hinaus, dass Dumpinglöhne, die nicht zum Leben reichen, auch in diesem Wirtschaftsbereich flächendeckend durchgesetzt werden.
Anonymer Benutzer 02.02.2011 05:56
Also überall gleiches Lohnniveau wie bei der DB. Warum legt sich die GDL dann mit der DB an? Die DB ist doch dann vorbildlich!
Anonymer Benutzer 02.02.2011 06:01
Gibt es bei der GDL schon Überlegungen zur Streiktaktik? Wird daran gedacht, alle Strecken zu bestreiken, die eine Gefahr für die Zugführer und die Fahrgäste darstellen, weil sie z.B. nicht mit automatischen Bremssystemen (PZB) ausgestattet sind?

Die GDL bekäme dann sicher große Unterstützung aus der Bevölkerung.