Viel Feind, viel Ehr - warum die GDL einen politischen Streik ausrufen wird
Für die Lokführergewerkschaft GDL geht es diesmal um die nackte Existenz. Berühmt wurde dieser sich selbst stolz als "älteste deutsche Gewerkschaft" bezeichnende Berufgsverband durch den Eisenbahnerstreik 2007. Von der breiten Sympathie der arbeitenden Bevölkerung getragen, hatten die Lokführer denen da oben endlich mal gezeigt, wo der Hammer hängt und eine saftige Lohnerhöhung erstreikt.
So weit, so gut. Doch schon damals spielte im Hintergrund ein ganz andere Frage eine Rolle. Rechtsverdreher, pardon Juristen, sprechen in diesem Zusammenhang von dem Problem der "Tarifpluralität". Die interessierte Öffentlichkeit wurde erst letzten Herbst darauf aufmerksam, als Arbeitgeberverband und DGB gemeinsam eine Gesetzesinitiative zur Einschränkung des Streiksrechts bei der Bundesregierung auf den Weg brachten.
Im Kern geht es also um die Frage, wer in Deutschland nach Recht und Gesetz streiken darf? Da in Deutschland Revolutionen bekanntlich zunächst bei Ordnungsamt anzumelden sind und nicht etwa wie bei den heißblütigen Arabern per facebook einfach gemacht werden, ist diese Frage für uns Deutsche sehr bedeutsam, auch wenn dies in anderen Kulturkreisen nicht nachvollzogen werden kann.
Also in Deutschland darf nur eine Gewerkschaft streiken. Womit wir, genauer gesagt die Rechtsverdreher bei der nächsten Frage wären. Was ist eine Gewerkschaft? Und was passiert, wenn es - Gott bewahre, das wären ja fast schon ägyptische Zustände - mehrere Gewerkschaften gibt und die wohlmöglich auch noch alle streiken wollen?
Das darf nicht sein, und damit dieses Schreckensszenario nie Wirklichkeit werden kann, hat sich eine unheilige Allianz zur Rettung des Abendlandes zusammengefunden. Die DB und ihre direkten Konkurrenten der G6 (Zusammenschluss der sechs größten privaten Eisenbahnen), der Präsident des Arbeitgeberverbandes Hundt und sein Gegenüber, der DGB-Chef Sommer, die schwarz-gelbe Regierung und die rot-grüne Opposition, alle sind sich einig, dass man die GDL stoppen muss, bevor noch andere auf dumme Streikgedanken kommen und sich - damit sie das auch streng nach Vorschrift dürfen - zu neuen Gewerkschaften zusammentun.
Ausgerechnet Claus Weselsky und seinen Getreuen fällt die Rolle von Robin Hood als Rächer der geknechteten proletarischen Massen zu. Gächtet vom Establishment, gemobbt und in die Enge getrieben, muss die GDL jetzt einen politischen Streik zur Verteidigung des Streikrechts führen. Das ist schon eine Ironie der Geschichte. Ob auf GDL-Tagungen zukünftig statt der Nationalhymne die Internationale angestimmt werden wird? So weit wird es wohl nicht kommen, aber spannend werden die nächsten Tage bestimmt werden.